Ziele und Aufgaben des Psychologieunterrichts

Dem Unterrichtsfach Psychologie liegt die Fachwissenschaft Psychologie zugrunde. Es den Bildungszielen der Schule und denen der gymnasialen Oberstufe verpflichtet.

 

Die schulische Begegnung mit der Psychologie geschieht unter den didaktischen Gesichtspunkten „Wissenschaftsorientierung", „Alltags-, Erfahrungs- und Handlungsorientierung". Das Unterrichtsfach Psychologie bietet Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler in vielfacher Weise zu fördern. Im wesentlichen sind dies:

 

Vermittlung psychologischen Wissens als Beitrag zur Allgemeinbildung

 

Indem das Unterrichtsfach die Schülerinnen und Schüler exemplarisch mit den wesentlichen Inhalten und Methoden der Wissenschaft  Psychologie bekannt macht, werden Grundlagen gelegt zur Entwicklung einer wissenschaftlichen Fragehaltung und einer wissenschaftsorientierten Lösung zentraler Alltagsprobleme. Heute und in Zukunft sind in sehr vielen vor allem auch in den höher qualifizierten Berufen psychologische Kenntnisse unerläßlich: bei Ärzten, Architekten, Richtern und Rechtsanwälten, Lehrern, Politikern, Managern, in der Wirtschaft, an der Börse, in der Politik, überall, wo Menschen ausgebildet werden, nicht zuletzt aber in der Familie und in den persönlichen Beziehungen.

 

Dabei fördert das Unterrichtsfach Psychologie die grundlegenden Kompetenzen der Studierfähigkeit und die Anbahnung einer zukunftsorientierten Berufsqualifikation.

 
Förderung von Pluralitätskompetenz und Toleranz

Der ständig wachsenden Multikulturalität und Pluralisierung aller Lebensbereiche trägt der Psychologieunterricht Rechnung, indem er die Schülerinnen und Schüler gründlich vertraut macht mit den unterschiedlichen Menschenbildern seiner Bezugswissenschaft. Das Unterrichtsfach Psychologie hält die Schülerinnen und Schüler an, aus diesen verschiedenen Perspektiven den Menschen, sein Erleben und sein soziales Verhalten wahrzunehmen. Durch systematischen Perspektivwechsel wird eine grundlegende Pluralitätskompetenz vermittelt, die Fähigkeit also, empathisch mit ungewohnten anderen Sichtweisen umzugehen, mit bislang „fremden Welten" in der Auffassung vom Menschen und von den Gesetzmäßigkeiten seines Erlebens und Verhaltens. Dies fördert generell Toleranz und die Bereitschaft Unvertrautes, Fremdes zu akzeptieren.

 

 

Förderung sozialer Schlüsselqualifikationen durch theoretische Kenntnisse und praktische Einübung

Zur Charakteristik des Unterrichtsfaches Psychologie (wie übrigens auch seiner Bezugswissenschaft) gehört es, daß die Beschreibung und Erforschung wesentlicher sozialer Kompetenzen und Grundqualifikationen Gegenstand des Unterrichts ist. Im Unterricht werden z.B. behandelt:

  • Grundprozesse des Lernens,
  • Gesetzmäßigkeiten des Aufbaus dauerhafter komplexer Wissensstrukturen,
  • Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation und des Umgangs mit Gruppen,
  • Konflikt- und Kooperation,
  • Selbststeuerung und Selbstkompetenz.

Damit werden die entsprechenden Schlüsselqualifikationen, ihre Aneignungs- und Entwicklungsbedingungen zu zentralen Themen des Unterrichts. Sie werden nicht nur durch geschickte Wahl von Unterrichtsmethoden „en passant" vermittelt, sondern im Unterricht in ihren Gesetzmäßigkeiten wissenschaftlich beschrieben und untersucht.

 

Die Metaebenen des Lernens („Wissen über Lernprozesse"), des Wissens („Wissen über die Organisation von Wissen"), der sozialen Kompetenzen und des reflexiven Umgangs mit kritischen Lebenssituationen und Entwicklungsaufgaben werden im Unterricht explizit thematisiert. Der Erwerb solcher Kompetenzen wird somit ebenso auf der kognitiv-analytischen wie auf der praktischen Verhaltensebene gefördert.

 

 

Vermittlung von wissenschaftspropädeutischer Grundbildung und Studierfähigkeit

Die Schülerinnen und Schüler lernen exemplarisch, wie wissenschaftlich gearbeitet wird, welchen Einflüssen Wissenschaft unterliegt, wo ihre Grenzen und wo ihre Verantwortung liegen, indem sie bekannt gemacht werden

  • mit den verschiedenen zentralen psychologischen Modellen (paradigmatischen Hauptströmungen) und ihren Hintergrundannahmen,
  • mit den zugehörigen unterschiedlichen Forschungsmethoden und den verschiedenen Möglichkeiten, psychische Gegenstände zu erfassen, bei jeweils unterschiedlicher Aussagenweite und Aussagensicherheit,
  • mit der gesellschaftlichen und historischen Bedingtheit der psychologischen Strömungen, wodurch Rahmenbedingungen für das Entstehen wissenschaftlichen Wissens überhaupt deutlich werden,
  • mit den ethischen Fragen, die sich besonders in der Wissenschaft Psychologie stellen, wenn es um Experimente mit Menschen geht und um die Möglichkeiten, Erkenntnisse anzuwenden.

Der hohe Anteil von handlungsorientierten, selbständigen wie kooperativen Lernformen, der in diesem Fach vorgesehen ist vermag Haltungen und Einstellungen zu fördern, die wesentlich zur Studierfähigkeit wie zur Berufstätigkeit gehören, so die Fähigkeiten

  • selbständig und kooperativ zu denken und zu arbeiten,
  • systematisch, problematisierend, reflektiert und distanziert vorzugehen,
  • bei Untersuchungen komplexe Wechselverhältnisse wahrzunehmen und zu beachten: in den Untersuchungsgegenständen, zwischen Gegenstand und Untersuchendem, innerhalb der arbeitenden Gruppe,

In den fachübergreifenden Anteilen des Unterrichts wird der typisch psychologische Zugriff auf bestimmte Phänomene mit dem anderer Wissenschaften verglichen und damit eine Außenperspektive auf das Fach ermöglicht, in der auch die Grenzen psychologischer Aussagen erkennbar werden.

 

Aus allem geht hervor, daß entsprechend dem Auftrag der Schule auch der Psychologieunterricht an der gymnasialen Oberstufe bedacht ist auf die persönliche Entfaltung der Schülerinnen und Schüler sowie auf die Förderung ihrer sozialen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten.